Dies sind die wichtigsten Bilder, die ich in meinem Leben machen kann.
Seit 2023 arbeite ich ehrenamtlich für die Dein-Sternenkind Stiftung. Dies ist mir besonders eine Herzensangelegenheit, um den Eltern das erste und letzte Bild ihres Sternchens machen zu können und ihnen dabei die Möglichkeit der Trauerverarbeitung zu geben.
Ich bekomme kein Geld für die Einsätze, aber die große Dankbarkeit der Eltern für die Bilder ihres Sternchens sind mehr Wert, als alles Geld der Welt.
Für die Eltern ist es völlig kostenlos, dass ich als Fotografin komme und für mich ist es eine große Ehre ein Sternchen begleiten zu dürfen.
Die Dein-Sternenkind Stiftung sucht immer Fotografen, Unterstützer oder Spendenwillige, um uns zu helfen und Sternenkind-Eltern die Möglichkeit zu geben wenigstens ein Bild von ihrem Kind zu haben.
Bitte engagiert euch. ♥
Wie ein Einsatz bei mir abläuft
Da mich oft viele Fragen, wie ein Sternenkind zu mir kommt und wie mein Einsatz abläuft, weshalb ich es für euch mal bei meinem letzten Sternenkind aufgeschrieben habe.
Bitte beachte, dass es sich hier um ein sehr sensibles Thema handelt, wenn dich das Thema Sternenkind belastet, bitte ich dich den folgenden Text nicht zu lesen.
1. Es 18:45 Uhr als ich auf meinem Handy von der Alarm-App die Meldung bekomme, dass in Paderborn eine Geburt gerade eingeleitet wird von einem verstorbenen Baby – 42. SSW. Ich schlucke schwer, denn der Gedanke daran, dass Eltern gerade ihr Baby verloren habe, wofür sie schon alles zuhause vorbereitet haben. Wir Sternenfotografen können freiwillig entscheiden, ob wir einen Einsatz annehmen, oder nicht. Ich entschied mich heute, für die Eltern den Wunsch zu erfüllen Fotos von ihrem kleinen Elias zu machen.
2. Um 18:48 Uhr gebe ich im Forum Bescheid, dass ich im Krankenhaus anrufe und der Hebamme sage, dass ich der Ansprechpartner als Sternenkindfotografin bin und sie sich bitte melden soll, wenn Elias da ist und ich kommen kann – und es ist auch okay, wenn sie mich nachts anruft. (Übrigens: keine Pflicht meinerseits.)
3. Um 23:56 Uhr erhalte ich den Anruf von der Hebamme. Elias ist um 22:39 Uhr auf die Welt gekommen und kuschelt gerade mit den Eltern. Ob ich jetzt noch kommen könnte. Natürlich, ich mache mich direkt auf den Weg und habe eine Stunde Fahrtzeit. Ich packe meine Kamera ein, ein paar Kleidungsstücke und einen Stern, dann fahr ich los. Ich werde oft gefragt, wo meine Gedanken in diesen Momenten sind. Vorher und Danach. Tatsächlich versuche ich mich während der Fahrt zu stärken, zu erden, um bestmöglichst für die Eltern auch eine Schulter zum Trauern zu sein.
4. Um 1:06 Uhr komme ich im Krankenhaus an, werde von einer freundlichen Hebamme empfangen, die mir ein paar Informationen gibt. Die Kriminalpolizei war auch schon da, die übrigens in solchen Fällen oft eingeschaltet werden muss. Der kleine Elias hat sich mit seiner Nabelschnur selbst die Luft abgedrückt, weswegen er im Mutterleib verstorben war. Ich frage die Hebamme, ob die Eltern mich kennenlernen wollen, ob sie Fotos gemeinsam mit Elias haben wollen oder ob ich mich mit Elias in einen anderen Raum zurück ziehen soll.
5. Wenig später lerne ich zwei wundervolle Menschen kennen – die Eltern von Elias. Und natürlich Elias selbst, der an der Brust seines Vaters gelehnt liegt. Ich erkläre den Eltern freundlich, ruhig und kurz über meine Arbeit als Sternenkindfotografin, über Datenschutz und über die Fotos. Ich erkläre, dass alles sein darf und nichts muss, dass wir das alles sofort beenden können und auch Pausen machen können. Ich leite die Eltern dabei ein wenig an, helfe ihn falls es Berühungsängste bezüglich ihres Sternenkindes gibt und begleite sie empathisch, fürsorglich und kümmernd durch den Prozess.
6. Wir machen Fotos erst von Elias mit einer süßen Mütze mit einem großen Puschel, er trägt einen Strampler und wirkt so, als würde er friedlich schlafen mit einem schlemischen Grinsen. Ich mache erst ein paar Fotos von Elias, ziehe ihn dann um und mache ein paar Detailfotos von Gesicht, Hände und Füße. Dann mit den Eltern zusammen. Es wird emotional, Tränen fließen und der Wunsch der Eltern wird deutlich: Warum öffnet Elias nicht einfach seine Augen und strahlt uns an?
7. Ich mache noch ein paar Fotos von dem intimen Moment, wie die Eltern in dem Bett zusammen sitzen und den Elias liebkosen, seine zarten Hände streicheln und weinen. Dann senk ich irgendwann die Kamera und ziehe mich zurück. Doch bevor ich rausgehen kann, fangen mich die Eltern ab und fragen fast schon ängstlich, ob sie mich als Dankeschön umarmen dürfen. Natürlich, sofort. Wir verabschieden uns mit einer Umarmung und ich sage den Eltern, dass ich für sie immer ein offenes Ohr habe, wenn sie eines brauchen.
8. Im Auto sammel ich mich jedesmal – und ja, auch ich weine meistens, lasse es einfach zu und denke dabei an den kleinen Elias. Um 04:26 Uhr bin ich zuhause.
9. Zuhause angekommen sichere ich die Bilder auf meiner Festplatte und auf dem Datenbankserver der Stiftung. Bearbeite die Fotos die Tage und kommuniziere mit den Eltern, in welchem Format die Eltern die Fotos haben wollen. Hier achte ich auf Wünsche, denn manchmal wollen Eltern, die Bilder in einem verschlossenen Umschlang, um selbst zu entscheiden, wann sie die Bilder sehen wollen.
10. Ich habe noch heute Kontakt zu den Eltern, da sie sehr dankbar für meine Arbeit sind und sie mir auch sagten, dass der Abend, wo ich im Krankenhaus war und auch die Zeit danach ihnen sehr geholfen hat bei ihrer Trauerbewältigung.
Denn dafür bin ich auch dankbar, dass ich Eltern dies zurück geben kann.